Antwortschreiben des Bischofs:

 

Dr. Felix Genn
Bischof von Essen
13.02.06


Neustrukturierung der Pfarrgemeinden / Entscheidung zur Kirche St. Georg Gelsenkirchen

Sehr geehrter Herr Glenz, sehr geehrte Mitunterzeichner des Protestschreibens,

am 18. Januar haben Sie ein Schreiben an meiner Haustür abgegeben, mit dem Sie gegen meine Entscheidung, St. Georg den sogenannten „weiteren Kirchen“ zuzuordnen, protestieren. Wegen anderer Verpflichtungen konnte ich an diesem Tag das Schreiben nicht persönlich entgegennehmen. Ich möchte Ihnen zunächst sagen, dass ich Ihren Unmut und ihre große Betroffenheit sehr wohl nachvollziehen kann. Daher ist mir sehr daran gelegen, dass wir in guter Weise wieder zueinander finden.

In Ihrem Brief geht es um zum einen um die Frage nach der sachlichen Begründung für meine Entscheidung und zum anderen um die Art und Weise ihres Zustandekommens. Beides sind unterschiedliche Punkte, die ich auch getrennt voneinander aufgreifen möchte.

Sie bemängeln in Ihrem Brief völlig zu Recht, dass Sie im zurückliegenden Beratungsverfahren keine Möglichkeit hatten, ein Votum zur veränderten Planung für die Kirche St. Georg abzugeben. So sind Sie bis zur Bekanntgabe meiner Entscheidung von der Voraussetzung ausgegangen, das Ihre Kirche – wie im „verbindlichen Vorschlag“ vorgesehen – zukünftig Filialkirche der Gemeinde St. Augustinus werde. Deswegen kann ich Ihre Reaktion auf mein Bischofswort verstehen. Allerdings macht es mich traurig und es befremdet mich auch, dass Sie hinter diesem Geschehen ein bewusstes Hintergehen und Täuschen Ihrer Gemeinde vermuten. Das ist nicht der Fall.

Richtig aber ist, dass wir es versäumt haben, mit Ihrem Pfarrer und den Verantwortungsgremien Ihrer Gemeinde über die veränderte Planung vor der endgültigen Entscheidung zu reden und eine Rückmeldung zu erbitten. Für diesen Fehler auf dem Weg der Entscheidungsfindung möchte ich mich in aller Form entschuldigen.

Absichtlich ist das nicht geschehen. Um das zu untermauern, möchte ich kurz die zurückliegende Beratung skizzieren: Bereits bei der Erarbeitung des „verbindlichen Vorschlages“ zur neuen Pfarreienstruktur gab es eine Diskussion darüber, ob St. Georg wegen der Nähe zu St. Augustinus und St. Joseph sowie wegen ihrer Größe und der damit verbundenen Betriebs- und Instandhaltungskosten den „weiteren Kirchen“ zugeordnet werden sollte. Damals wurde insbesondere mit Blick auf die auch in Ihrem Brief hervorgehobene stadtbildprägende Erscheinung und Lage der Kirche anders geplant. Im Zuge der weiteren Beratungen wurden wir dann aber immer wieder mit der Frage konfrontiert, ob die zukünftige Pfarrei St. Augustinus angesichts der stark reduzierten Finanzmittel und der geringen Personalausstattung die St. Georgs-Kirche wirklich halten kann und ob sie diese wegen ihrer Nähe zu anderen Kirchen aus pastoralen Gründen wirklich halten muss. Diese weitergehenden Überlegungen haben dann zur Planungsänderung geführt. Diese Entscheidung ist mir nicht leicht gefallen.

Das war auch der Grund, weshalb im Bischofsrat darüber gesprochen wurde, gemeinsam mit den Verantwortlichen aus St. Georg möglichst umgehend mit der Stadt Gelsenkirchen sowie möglichen anderen Partnern das Gespräch zu suchen, um über sinnvolle Nutzungsmöglichkeiten nachzudenken. Leider ist dieser Schritt dann aber nicht sofort weiter verfolgt worden, so dass die jetzige missliche und sehr bedauerliche Situation eingetreten ist.

Zu den sachlichen Argumenten, die in ihrem Schreiben für den Erhalt der St. Georg-Kirche schreiben, kann ich hier im Detail nicht eingehen. Vieles von dem, was Sie schreiben, gilt in gleicher Weise auch für andere Kirchen, die zu den „weiteren Kirchen“ zählen müssen, weil sie beim besten Willen nicht mehr finanzierbar wären. Die Gründe, die zu meiner Entscheidung geführt haben, sind in meinem Bischofswort und auch in diesem Schreiben zur Genüge benannt worden. Deshalb möchte ich hier nur noch einmal kurz auf das eingehen, was Sie zur Geschichte ihrer Gemeinde und zum Kirchenbau von St. Georg schreiben. Weil die geschichtliche Bedeutung und auch das Erscheinungsbild der Kirche auch hier in den Beratungen eine große Rolle spielte, habe ich in meinem Bischofswort formuliert, dass die „weiteren Nutzungsmöglichkeiten [von St. Georg] mit großer Sorgfalt geprüft und entwickelt werden [müssen]“. Hinter dieser Aussage verbirgt sich die Zusage – und die möchte ich hier besonders betonen – dass die Kirche St. Georg eben nicht einfach „dicht gemacht“ wird, sondern dass hier sehr gewissenhaft und in gemeinsamer Verantwortung weitere Überlegungen angestellt werden müssen. Und das möchten wir mit Ihnen gemeinsam tun!

Um Ihnen die Ernsthaftigkeit diese Zusage zu verdeutlichen und einen zeitlichen Druck aus der Planung herauszunehmen, habe ich entschieden, St. Georg so lange als Filialkirche der Gemeinde St. Augustinus zuzuweisen, bis ein entsprechender Nutzungszweck für die Kirche gefunden ist. Damit verbinde ich allerdings die Erwartung, dass alle Verantwortlichen bald und ernsthaft über Möglichkeiten einer neuen Nutzung der Kirche nachdenken.

Am kommenden Dienstag wird Herr Weihbischof Franz Vorrath mit den Herren Pfarrern und den Damen und Herren Vorsitzenden der Pfarrgemeinderäte sowie den stellvertretenden Vorsitzenden der Kirchenvorstände der Pfarrgemeinden, die zukünftig die Pfarrei St. Augustinus bilden werden, zusammenkommen. Im Rahmen dieser Begegnung können dann sicherlich auch noch die weiteren Fragen, die Sie in Ihrem Brief angesprochen haben, erörtert werden.

Abschließend bitte ich Sie nun herzlich, meine Entscheidung zu Kirche St. Georg – auch wenn es Ihnen schwer fällt – mitzutragen. Um unserer missionarischen Sendung willen ist es notwendig, eine gemeinsame Perspektive für die wirksame Präsenz von Kirche in der Gelsenkirchener Stadtmitte zu entwickeln und die Kräfte dafür zu bündeln. Ich bin sehr zuversichtlich, dass das gelingen wird und bitte Sie sehr um Ihre verantwortliche Mitarbeit.

In der Hoffnung auf ein weiteres gutes Miteinander grüßt Sie
Ihr Bischof

Dr. Felix Genn